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NADJA BÜTTNER / EVA GENTNER / CATHARINA SZONN

03.07.2019 – 31.08.2019

Nadja Büttner / Eva Gentner / Catharina Szonn

 

Nadja Büttners Schaffen ist facettenreich und bedient sich in ihrer künstlerischen Auseinandersetzung verschiedenster Disziplinen, von Elektronik und digitalen Medien, über Literatur und Linguistik bis hin zu Quantenphysik.

Seit geraumer Zeit ist das Element der Bewegung in den Vordergrund ihrer Werke getreten und zeigt sich in ihren komplexen kinetischen Konstruktionen. Dabei interessiert sie sich auch für die Ambivalenzen, die sich innerhalb ihrer Arbeit und der Beschäftigung mit einem Thema, bzw. durch die Unberechenbarkeit von Materie ergeben. Ansporn ist zusätzlich die Herausforderung, trotz Widrigkeiten und unvorhergesehener Fragestellungen im Verlaufe der Produktion, Werke zu schaffen, deren Ästhetik immanent ist, jedoch nicht immer unmittelbar zum Vorschein tritt.

Das Ausgangsmaterial für ihre Arbeiten findet Nadja Büttner in den unterschiedlichsten Bereichen industrieller Fertigung und verleiht ihnen durch ihre Weiterbearbeitung Eleganz und Poesie. Ihre motorisiert angetriebene kinetischen Arbeiten Gegenstrichund VibratingPotentialhaben dabei wirken meditativ auf den Betrachter. So folgt das Auge bei Gegenstricheiner metallenen Schiene, die in ruhigem Fluss eine mit Kunstfell bespannte Fläche auf- und abstreicht. Die langsame fließende Bewegung der Schiene löst dennoch eine dynamisch flirrende Reaktion der sich biegenden und wieder aufstellenden Haare des Fells aus, die den Betrachter fesselt. Vibrating Potentialhingegen arbeitet unter der Oberfläche. In variierender Schnelligkeit zeichnen sich auf dem schwarzen Gewebe topografische Strukturen ab, deren Bewegung für den Betrachter zunächst unberechenbar erscheint.

Birds Lamentoist hingegen eine Auseinandersetzung mit Wilhelm Buschs Gedicht „Der humorvolle Vogel“, der sich im Angesicht des nahenden Todes darauf besinnt noch ein letztes Mal voller Freude zu singen. Der schwarze Humor und die Widersprüchlichkeit der geschilderten Situation begegnet Nadja Büttner in der Ausführung ihrer Arbeit mit der Neutralität und Schlichtheit der hölzernen Stelzen, die sie den aufgeplusterten und verspielten ‚Flügeln’ des Vogels entgegensetzt..

 

Grundaspekt der künstlerischen Untersuchung von Eva Gentner ist das sinnliche Erlebnis von Materialität. Die Auseinandersetzung mit Materialien, deren natürliche Ästhetik und Stofflichkeit sowie das haptische Erlebnis stehen hierbei im Vordergrund. Diese Eigenschaften versucht die Künstlerin her­auszuarbeiten, zu manipulieren und sie untereinander in Bezug zu setzen. Themen wie Flexibilität, Variabilität, Flüchtigkeit oder Unbeständigkeit, das Haptische und das Textile, sowie die Konstruktion von Fläche kehren dabei in allen Arbeiten wieder.

Viele ihrer Arbeiten bestehen aus dünn auf Jute gegossenem und mit Pigmenten angemischtem Zement, so auch die in der Ausstellung präsentierten Arbeiten, die an japanische Kimonos erinnern. Mit dieser Technik erhält die Künstlerin ein fragiles Betontextil, mit den Eigenschaften eines flexiblen Reliefs. Die Serie kimonosentwickelt dabei den Ansatz, die Zementteppiche als Assoziation der Haut und der Berührung aufzufassen.

Formal greift sie dabeidas Produktions­konzept des traditionellen japanischen Kleidungsstücks auf. Ausgehend von dem Format des Zementteppichs wird dieser in Rechtecke geteilt und zu einem Kimono neu zusammengefügt – das Kleidungsstück als zweite Haut und Gegenstand des alltäglichen Hautkontaktes. Die fertigen fragilen Zementkleidungs­stücke stellen eine Art Körperarchitektur dar und dienen außerdem als Kostüme für Tanz und Performance. Dabei gehen die PerformerInnen auf die Beschaffenheit ihres Kostümes ein. Das Textil bricht an den beanspruchten Stellen und zeichnet die Bewegungen des Tanzes in den Zement. Ein feiner Staub legt sich auf den Boden und gibt die Fußabdrücke und Tanzspuren im Raum wieder.

Das Textil ist hart und weich gleicher­maßen, zerbrechlich und biegsam. Diese Eigenschaften greift Eva Gentner in unter­schiedlicher Weise auf und verarbeitet diese in Wandarbeiten, Skulpturen und Rauminstallationen.

 

Catharina Szonns Arbeiten machen Lärm. Monumental stehen ihre Gebilde im Raum. Sie funktionieren wie technische Kollagen und stimmen zu einem kakophonischen Konzert ein.

Für ihre Installationen bedient sich die Künstlerin gerne bereits existierender Maschinen, die sich durch eine ganz bestimmte Funktion auszeichnen. Ob sie nun ein Heugebläse, ein Wäschesortier-Karussell oder einen Betonmischer benutzt, die Maschinen werden in ihrer Funktion entfremdet und ergeben stets ein geschlossenes System. Ob Warenzirkulation, oder Datenübertragung — die Assoziationen können vielfältig sein. Doch man merkt schnell, dass die Künstlerin sich für den Kreislauf im Allgemeinen interessiert.

Ihre Arbeiten beschäftigen sich aber auch mit Vergänglichkeit, denn zumeist zerstören sie sich selbst, oder nutzen sich zumindest ab. Anders als endlos repetierbare kinetische Werke, macht die vergangene Zeit, der sie ausgesetzt und unterworfen sind, aus den brutal arbeitenden Gebilden, endliche und fragile Konstrukte. So auch bei Verausgaben für bequem. Der mit Tentakeln ausgestattete Betonmischer schleift seine Ketten mit jeder Bewegung über die vor ihm ausgelegte Betonplatte. episode II: the ones with the moststeht im Relief auf ihr geschrieben. Das Ungeheuer scheint direkt aus den Tiefen einer nicht erkundeten Welt zu stammen. Es wird wohl nicht eher ruhen, ehe es die vor ihm geschrieben Worte vollständig ausradiert hat.

Doch Catharina Szonn arbeitet auch in der Fläche. Ihre bemalten und oft bestickten, aus vielen Materialien bestehenden Wandarbeiten präsentieren sich ähnlich vielschichtig und verwehren sich dem Betrachter durch ihre Unordnung auf dieselbe Art und Weise wie ihre Installationen.

Catharina Szonn gelingt es, spannende Parallelen zwischen der arbeitserleichternden menschgemachten Maschine und der Maschine Mensch zu spannen. Erweitert durch LED-Leuchtschriften und der Verwendung von Textmedien in gedruckter, geschriebener oder gegossener Form, bewegen sich ihre Arbeiten zwischen grotesker Inszenierung und selbstzerstörerischer Kettenreaktion.